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Wie der 1. Weltkrieg entstand

 

In Serbien sind die Pistolen losgegangen. Heimtückisch hatte Serbien im Jahr 1911 im Kampfe des Balkanbundes gegen die Türkei die blutigste Arbeit seinem bulgarischen Waffenbruder überlassen und seine eigenen Kräfte geschont. Als aber Bulgarien dementsprechend seine Ansprüche auf Beute erweiterte, erfolgte der bekannte Frontwechsel; Serbien (Montenegro) und Griechenland traten ihrem bisherigen  Verbündeten mit Waffengewalt entgegen und rangen es nieder. So war Bulgarien merklich geschwächt  -trotz großen Länderzuwachses- aus diesem Kampfe hervorgegangen, Serbien hatte neben den kriegerischen Erfolg mit seinem Bundesgenossen Griechenland bedeuteten Landgewinn zu verzeichnen Aber seine Ansprüche wuchsen ins unermeßlich.

Es suchte den Traum vom Großserbischen Reiches auf breitester Grundlage zu verwirklichen, Großserbien sollte umfassen die Länder von der Donau-Savelinie bis Saloniki, vom adriatischen bis zum schwarzen Meer. Aber diesem Plan stand Österreich im Wege. Bosnien-Herzogowina waren ohnehin der habsburgischen  Macht schon am 5.Oktober 1908 einverleibt worden, Albanien der von den europäischen Mächten gegründete neue Staat, den Händen Serbiens entglitten und damit die stolze Hoffnung der serbischen Flagge in den Fluten der brausenden Adria.

Nun flammte S e r b i e n s Haß gegen Österreich auf; von der serbischen Regierung unterstützt, begann die Norodna-Obrana, eine Vereinigung, die sich die Loslösung der südslavischen Gebietsteile von Österreich als Ziel gesetzt hatte, ihre unheilvolle Tätigkeit. Österreich kannte zwar diese Bestrebungen, hatte aber keine Beweismittel in Händen, der verbrecherischen Regierung von Serbien die ja hinter allen Bewegungen steckte das Handwerk zu legen. Als nun der Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand die neugewonnenen Gebietsteile besuchte um dadurch den festen Willen Österreichs zum Ausdruck zu bringen, daß es diese Länder als unveränderte Bestandteile der Österreich-Ungarischen Monarchie betrachtete, da gab die serbische Regierung verbrecherischen Händen Waffen, serbische Beamte geleiteten gedrungene Mörder auf Schleichwegen über die abgesperrte Grenze. Das ungeheuerliche geschah: Der Erzherzog und seine Gemahlin fielen als Opfer am 28.Juni 1914. Als nun Österreich nach peinlicher Untersuchung die geheimen Fäden schonungslos aufdeckte und im Interesse seiner Selbstachtung und zum Schutzedes Landes Bestrafung der Mörder, Auflösung der Norodna-Obrana  und vor allem gewisse Garantien gegen derartige Umtriebe von der serbischen Regierung forderte, da gab diese in mehreren Punkten nach –um Zeit zu gewinnen-, war aber im Vertrauen auf die Hilfe Rußlands, das offenbar in dieser Angelegenheit nicht überrascht war, in wichtigen Punkten unnachgiebig, da Erfolgte die Kriegserklärung Österreichs-Ungarn an Serbien am 24.Juli 1914.

Doch diese anfängliche Hauptsache wurde zur Nebensache. Es war nur der Auftakt zum großen Krieg des Jahres 1914/15. Serbien schrie nach Rußland um Hilfe, und R u ß l a n d machte gegen Österreich mobil. Ich will hier nicht von der Komödie der Diplomaten erzählen; ich will versuchen, auseinanderzusetzen, daß Rußland den Krieg nicht als Zufallsergebnis betrachtete sondern Ihn geradezu herbeigeführt hat. Wir müssen zurückgreifen auf die klägliche Rolle, welche die russischen Großfürsten im verlustreichen Krieg gegen Japan 1904/05 gespielt haben, Der erhoffte Lorbeer war versagt geblieben. Gärung im Volk, Revolution war die Folge davon. Blutig und erbarmungslos sauste das Schwert auf die Verführten nieder. Aber die Glut glomm unter der Asche weiter. Da suchte die Kriegspartei nach neuen Gelegenheiten neue Ruhmeskränze zu Pflücken. Waren die Trauben im Osten zu sauer, so erhoffte man süßere im Westen zu finden. Die Idee des „Panslavismus“, des Allslaventums, wurde zum Ausgangspunkt für eine nicht minder skrupellose Unterwühlung des nördlichen slavischen Teils von Österreich, wie es Serbien im Süden besorgte. Der russische Rubel rollte. Die Spionageprozesse mit Ihren betrüblichen Begleiterscheinungen sind uns wohl erinnerlich. „Galizien, die letzte Blüte, welche der Krone des Zaren gefehlt hat“, das war ein Ziel der russischen Politik, wie es in schamloser Offenheit vor dem Ministerpräsidenten Goremykin in der Dumasitzung noch niemand zugestanden hatte.

Noch ein anderes, nicht minder großes Ziel erstrebte Rußland: Nach dem Zusammenbruch des ersten Balkanbundes war Rußland bemüht gewesen Rumänien und die anderen Balkanstaaten durch ein großartiges Bestechungs- und Umgarnungssystem als Handlanger für seine Pläne am schwarzen Meer zu gewinnen. Die unzufriedenen Balkanstaaten (Groß-Serbien) sollten auf Kosten Österreichs Länderzuwachs erhalten und dafür die Türkei aus Europa hinaus werfen – ein Ziel welches der Zusammenbruch des ersten Balkanbundes verhindert hatte. Bulgarien selbst hatte damals seine Hand schon nach Konstantinopel und den Meeresengen ausgestreckt und König Ferdinand träumte von einer Kaiserkrone in dieser Stadt. Aber das war den Bestrebungen Rußlands zuwider, das selbst seine begehrlichen Blicke nach dieser wichtigen Verbindungsstraße zwischen dem schwarzen und ägäischen Meere gelenkt hatte. Darum hatte Bulgarien fallen müssen. Aber auch diesmal versagte die macht Rußlands; die Balkanstaaten waren zu groß und selbständig geworden, um sich als Vorkämpfer der russischen Macht mißbrauchen und dann demütigen zu lassen, wie es ehedem im russisch-türkischen kriege 1877 Rumänien ergangen war (es mußte als Lohn für seine militärische Hilfe an Rußland Bessarabien abtreten). Wohl wußte Rußland, daß es auf den Vormarsche gegen Konstantinopel stets Österreich und mit ihm Deutschland den uneigennützigen Freund der Türkei im Wege finden werde. Darum hatte es den Lockungen des französischen Ministerpräsidenten Poincare 1912 nicht widerstehen können; es ließ sich allmählich in die Koalition gegen Deutschland-Österreich hineinziehen und war schließlich mit England die Triebfeder, besonders seitdem es Frankreich  veranlaßt hatte die 3 jährige Dienstzeit wieder einzuführen.

So hoffte Rußland als Entgang für den Machtzuwachs im asiatischen Osten Siegeslorbeeren zu ernten und damit zugleich die „revolutionären Unterströmungen, die in den weiten Kreisen der russischen Gesellschaft nie erloschen, wirkungslos zu machen“

Was F r a n k r e i c h zum Kriege trieb, ist in seinen innersten Ursachen wohl bekannt. Das napoleonische Frankreich hatte in europäischen Fragen eine entscheidende Rolle gespielt. Das war nun seit 1870 nicht mehr im gleichen Maße der Fall. Der Traum von der „grande glorie“ war ein jähes Erwachen gefolgt; zudem hatte Frankreich die vorher gestohlenen ehemaligen deutschen Landesteile herausgeben müssen.  Es mußte die ehemaligen deutschen Landesteile herausgeben. Rache, Rache hallte es seitdem von den Vogesen her. Aber ohne Bundesgenossen? Es hatte sich von England die Schlappe von Faschodo-Kodok gefallen lassen müssen, da es ohne Bundesgenossen war. So warb das demokratische Frankreich beim autokratischen Rußland um Gunst indem es aus den Taschen seiner Rentner das gute Geld für den großen Geldhunger Rußlands lieferte. Und schließlich konnte Frankreich nicht mehr zurück und mußte Milliarde um Milliarde für Rußlands Ziele opfern, als es selbst gar nicht mehr so abenteuerlich war. Dazu kam nun freilich noch etwas: Rußland, das mit England stets Reibungsstellen hatte – stellte diese strittigen Punkte seinen panslavistischen Ideen zuliebe zurück, versöhnte sich zudem mit Japan im Hinblick auf seine Politik in Europa.

Einmal hätte Deutschland im Dienste  E n g l a n d s  mit Japan die Hyäne an Rußland machen sollen, als es Anfang dieses Jahrhunderts auf den Rat Eduards VII. Dieses Land gemeinsam mit den famosen Bundesgenossen Rußland zerschmettern sollte. Der Kaiser winkte ab; Japan besorgte Englands Arbeit allein, begab sich aber auch damit in die finanzielle Abhängigkeit Englands. Die Folgen dieses Abenteuers brachten Japan an den Rand der Revolution.

Nun begann die Einkreisungspolitik Eduards, und es ist merkwürdig genug, daß wir auf Seite unserer Gegner dasselbe Rußland haben, gegen das wir uns hüteten einen Schurkenstreich zu begehen. Als die schließliche Folge der englischen Einkreisungspolitik haben wir den gegenwärtigen Krieg zu betrachten. Die Gründe hiezu liegen teilweise weiter zurück.

Deutschland war unerwarteter Weise innerlich mächtig durch die Kriege 1866/70/71  erstarkt. In wirtschaftlicher und technischer Hinsicht war es auf eine für England gefährliche Höhe gestiegen. Die Vorschrift, die Konkurrenzwaren müßten mit dem Vermerk „Made in Germany“ versehen sein, zeigten den Engländern selbst immer mehr, wie Deutschland seine Lehrmeister in vieler Hinsicht übertroffen hatte. Der Erwerb Helgolands der anfangs ein gutes Geschäft für England gewesen zu sein schien, ging zugleich mit unserem Ruf nach einer starken Flotte den Engländern gewaltig auf die Nerven. Mit dem Wachsen unserer Handelsflotte und dem Erwerb  überseeische Gebiete hatte sich die Notwendigkeit einer mächtigen Kriegsflotte immer dringender herausgestellt. Nun mußte England zusehen, daß mit den verstärkten und von trefflichem Geist beseelten Marine unser Ansehen und Einfluß in der ganzen Welt im zunehmen begriffen war, in steter Konkurrenz mit der von England beanspruchten Supreamtie. Deutschland gewaltiger Handel, die bald unersetzlich gewordenen Erzeugnisse unserer Industrie, die hiedurch und durch die intensive Bewirtschaftung von Grund und Boden stark gestiegene nationale Reichtum, all dies war England zu Hemmnissen in der bisher skrupellos gehandhabten Ausnutzung seiner Macht geworden. Dazu kamen die großzügigen Unternehmungen Deutschlands im Ausland (Marokko, Mesopotamien). Darum mußte Deutschland vernichtet werden: vernichtet nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch wirtschaftlich; alles, was deutsch ist, sollte dem Untergang geweiht werden.

Das sind in kurzen Zügen die Gründe, warum sich Deutschlands Feinde so bereitwillig zusammen gefunden haben uns zu erdrücken. Die schlitzäugigen  J a p s e n  verfolgten, nachdem Sie die Kulturstätten Deutschlands in Ostasien mit Ihrem treulosen Blute besudelt haben, ihre eigenen Pläne und werden ihren bisherigen Verbündeten noch gefährlicher werden als uns. Und so zogen unsere Feinde den Ring um uns zusammen, innerlich einander mißtrauend wie ein Bravo dem anderen, aber mutig, solange sie viele sind gegen zwei, Alles müßige, scheinheilige geflunker Englands wegen der angeblich von uns verletzten Neutralität Belgiens, das sich unseren Feinden in der Hoffnung auf Beute längst in die Arme geworfen hatte, zeugt nur von dem Ärger, der England überkam, als es sah, daß wir seinen und Frankreichs Plan Belgien als Stützpunkt seiner Armee gegen uns zu gebrauchen, zuvorgekommen waren. Angesichts der Tatsachen wirkt das seltsame Ränkespiel der Diplomaten wie eine große Blasphemie: die heuchlerischen Friedensbeteuerungen Englands, der schamlose Ehrenwortbruch des Zaren und seiner Getreuen, der Bruch der Abmachungen mit Frankreich wegen der Unantastbarkeit der Grenzen während der kritischen Zeit. Ihnen gegenüber steht der deutsche Kaiser als der Hort des Friedens bis zum letzten Augenblick, als ein Märtyrer seines Glaubens an die Menschheit, an die Menschlichkeit und Ritterlichkeit seiner Gegner und, als er nach langem, langem Zaudern, doch im festen Vertrauen auf die Schärfe des deutschen Schwertes und auf Gottes Macht, der dem Rechte seine Hilfe nicht versagen kann, sein Volk zu den Waffen rief, da stand Deutschland auf wie ein Mann zum Schutze des heiligen Vaterlandes und seines edlen Verbündeten. Und da mochte unseren Feinden wohl zum ersten Male Bangen überschlichen haben, ob sie sich nicht trotz ihren gewaltigen Übermacht in der Wertung eines kraftvollen, sich seines Rechtes bewußten Volkes verrechnet haben.

Italien: Nach dem Sturze des großen Napoleon waren in die italienischen Staaten die früheren Herrscher zurückgekehrt; Italien bestand damals hauptsächlich aus Lombardei und Venetien, die zu Österreich gehörten, dem Königreich Sardinien mit Piemont, den Herzogtümern Parma und Modena, dem Großherzogtum Toskana, dem Kirchenstaat und dem Königreich Neapel mit Sizilien (d.h. Sizilien und Süditalien)

Als sich nach der Pariser Februarrevolution die Lombardei unter der Beihilfe Sardiniens gegen Österreich erhob, wurde König Karl Albert von Sardinien von Radetzky bei Custozza 1848 und Novara 1849 völlig besiegt. Doch unter der umsichtigen Leitung des italienischen Staatsmannes Covour (1852-61) gewann Sardinien, wo inzwischen Viktor Emanuel König geworden war, innere Festigung und Bundesgenossenschaft (1858); es nahm 1855 am Krimkrieg teil und hatte so Frankreichs Dank sich gesichert. Österreich wollte dem gefährlichen Bund Sardinien und Frankreich zuvorkommen, griff Sardinien an, mußte aber, von den Verbündeten bei Magenta und Solserino geschlagen, im Frieden von Villafranca 1859 die Lombordai an Sardinien abtreten. 1860 kamen auch Toskana, Modena, Parma, sowie ein Teil des Kirchenstaates durch „Volksabstimmung“ zu Sardinien. (Nördliches Italien geeint.) Süditalien wurde dem Könige von Sardinien durch den Freischärler Garibaldi gewonnen(geb. 1807 zu Nizza. + als der volkstümlichste Mann Italiens zu Caprera 1882); er landete unter Englands und Sardiniens Beistand April 1860 auf Sizilien, nahm, von einem Volksaufstand unterstützt, Palermo und Messina ein und eroberte bis 1861 das ganze südliche Italien bis zum Kirchenstaat. Viktor Emanuel nahm den Titel eines Königs von Italien an; er residierte zu Florenz.

Während des Krieges zwischen Österreich und Preußen (1866) griff einer Abmachung zufolge Italien ebenfalls Österreich an, wurde aber von Erzherzog Albrecht unvermutet bei Custozza (24.Juni) entscheidend geschlagen, die italienische Flotte erlitt bei Lissa von Admiral Tegethoff eine gewaltige Niederlage. Trotzdem erhielt Italien von Österreich durch die Hand seines Beschützers Napoleon III Venetien.

Als 1870 die französische Besatzung aus dem Kirchenstaat abgerufen wurde, nahmen die italienischen Truppen endlich auch Rom ein, das die Hauptstadt des Königreiches wurde (Ganz Italien nun geeint.) Als aber Frankreich Tunis in Besitz nahm (1881-82), fühlte sich Italien in seiner Hoffnungen auf eine beherrschende Stellung im Mittelländischem Meere sehr beeinträchtigt, zumal es sich auch durch die freundlichen Beziehungen zwischen Frankreich und der Kurie (Papst) bedroht fühlte. Darum schloß sich der Sohn Viktor Emanuels Umberto an Deutschland und Österreich an 1883 (Dreibund). Italiens Kolonialpolitik in Abessinien brachten ihm 1887 schwere Niederlagen und eine gewaltigen Schuldenlast, ein Zollkrieg mit Frankreich 1888 große Verluste. Das Verhältnis mit Papst Leo XIII. Wurde seit 1887 immer gespannter. Die finanziellen Schwierigkeiten und die Staatsschulden hatten sich seit 1870 gehäuft; der Parlamentarismus hielt sich lange zeit nicht von Korruption frei; für Hebung der schweren gesellschaftlichen und sozialen Mißstände geschah wenig, fast nichts.

          Trotz der geringen Bündnisfähigkeit Italien hielten Deutschland und Österreich treu zu ihm, trotzdem auch besonders Österreich unter den Machenschaften der italienischen Irredenta zu leiden hatten, d.h. jener Bestrebung, welche auf die Einverleibung der in österreichischem Besitz sich befindlichen „unerlösten“ Gebiete mit italienisch sprechender Bevölkerung abzielte.

          Als nun Deutschland (1911) wegen Marokko sich mit Frankreich in schwererem Konflikt befand, bewies sich zwar Österreich als „brillanter Sekundant“, aber  „Italien tanzte seinen Extratour“.

           Aber in seinem Kampf mit der Türkei wegen Tripolis (1911/12) war Italien froh genug, daß ihm der Rücken frei blieb, obschon Österreich-Ungarn und Deutschland den überraschend und gegen das Wissen und den Willen der anderen Dreibundsmitglieder ins Werk gesetzten Überfall gegenüber der befreundeten Türkei höchst ungern sahen.

Wie sich aber Italien im Kampfe Deutschlands und Österreich-Ungarns gegen die Übermacht von grimmigen Feinden, unter denen sich auch Italiens natürlicher Feind, Frankreich befand, benahm, das ist noch ganz lebhaft in aller Erinnerung. Gleichwohl können wir nicht darauf verzichten, die Entwicklung der Dinge etwas schärfer zu beleuchten, weil die Gesinnung der italienischen Staatsmänner wohl der Gipfelpunkt aller Treulosigkeit geworden ist, die je geschah.

Es seien nur bekannte Tatsachen aufgezählt und ohne zwingende Gedankenverbindung aneinandergereiht! Nach dem Rotbuch des österreichisch-ungarischen Ministeriums vom 25.Mai 1915 seien nachstehende Artikel des Bündnisvertrages wiedergegeben.

Art. III.  Falls eine oder zwei der hohen Vertragsschließenden ohne direkte

Herausforderung von ihrer Seite von zwei oder mehreren Großmächten, die den gegenwärtigen Vertrag nicht unterzeichnet haben, angegriffen und in einem Krieg mit ihnen verwickelt würden, würde sich der casus foederis (Bündnispflicht) für alle hohen Vertragschließenden gleichzeitig ergeben.

Art. IV.  Falls eine Großmacht, die den gegenwärtigen Vertrag nicht unter-

zeichnet hat, die staatlichen Sicherheit eines der hohen Vertragsschließenden bedrohen würde, und der Bedrohte dadurch gezwungen wäre, ihr den Krieg zu erklären, so verpflichten sich die beiden anderen, ihrem Verbündeten gegenüber wohlwollende Neutralität zu beobachten. Ein jedes behält sich in diesem Falle vor an dem Kriege teilzunehmen, wenn er es für angezeigt erachtet, um mit seinem Verbündeten gemeinsame Sache zu machen.

Art. VII.  erstreckt sich auf Kompensationen, die für alle territorialem oder

anderweitigen Vorteile aus einem Vorgehen im Gebiete des Balkans oder der ottomanischen Küsten und Inseln im Adriatischen oder Ägäischen Meere gewährt werden sollten.

 

          Trotzdem nun Österreich gegenüber Italien und den Großmächten die Versicherung abgegeben hatte, daß es bei seinem Vorgehen gegen Serbien keinerlei territorialen Veränderung wünsche, stellte Italien am 25.Juli 1914, also vor Ausbruch des Krieges überhaupt. Ersatzansprüche an Österreich, ehe von den Vorteilen gegen Serbien gesprochen werden konnte.

Gleichwohl beantwortete der König von Italien ein Telegramm des Kaisers Franz Joseph, welcher mitteilte, daß er infolge der Einmischung Rußlands in den Konflikt mit Serbien und infolge der Mobilisierung Rußlands die allgemeine Mobilisierung verfügt habe., und welcher seiner Befriedigung Ausdruck gab, auf die Unterstützung seines Bundesgenossen rechnen zu dürfen, mit nachfolgendem Telegramm am 2. August 1914:

„Ich habe das  Telegramm euerer Majestät erhalte, Ich brauche nicht zu versichern, daß Italien, welches alle nur möglichen Anstrengungen  unternommen hat um die Aufrechterhaltung des Friedens zu sichern und alles, was in seiner Macht liegt, tun wird um möglichst bald an einer Wiederherstellung des Friedens mitzuhelfen, gegenüber seinen Verbündeten eine herzlich freundschaftliche Haltung bewahren wird, entsprechend dem Dreibundvertrag und seinen aufrichtigen Gefühlen und den großen Interessen, die es wahren muß.“

 

Ging auch daraus hervor, daß Italien, entgegen dem Sinn des Bündnisvertrages sich nicht auf die Seite Deutschlands und Österreich-Ungarns stellte, so war das Versprechen wohlwollender Neutralität das äußerste, was mit Anstand bündnisgemäß beansprucht werden mußte.

Gegen den 10.September 1914 mußte Deutschland seinen rechten Flügel in Frankreich aus der Gegend von Meaux bei  Paris zurücknehmen infolge der Annäherung bedeutender Streitkräfte, welche Frankreich aus dem Süden ziehen konnte. Später wurde bekannt, daß Italien seine Grenze gegen Frankreich von Truppen entblößt, die Grenze gegen Österreich aber durch Truppenverstärkungen weiterhin geschützt  habe. Damals war San Giuliano noch am Leben (+ November 1914).

Am 4.Dezember wurde der frühere Reichskanzler Fürst Bülow zum Botschafter in Rom ernannt.

Am 9.Dezember verlangte der Herzog von Avarna in Wien, daß die österreichisch-ungarische Monarchie für auch nur zeitweilig besetztes Territorium in Serbien Abtretungen  aus uralten, ererbten Besitz mache. Gleich darauf folgte der Rückzug der österreichisch-ungarischen Armee aus Serbien und der Herzog von Avarna mußte zugeben, „daß es augenblicklich kein Kompensationsobjekt  gebe“.

Als Österreich ein neues Vorgehen gegen Serbien plante, erklärte der Herzog von Avarna am 21.Februar 1915, Italien würde in einer neuen Offensive gegen Serbien einen Vertragsbruch erblicken.

Am 25.April 1915 wurde aus italienischen Zeitungen bekannt, Italien hätte sich dem Dreiverband England-Frankreich-Rußland gegenüber verpflichtet, binnen Monatsfrist loszuschlagen.

Am 4.mai wurde der Dreibundvertrag mit Österreich von Italien gekündigt (entgegen den Vertragsbestimmungen mit sofortiger Wirkung).

Am 15.Mai wurden die weitgehenden Konzessionen Österreichs an Italien durch den Deutschen Reichskanzler veröffentlicht.

Am 20.Mai meldete der italienische, sozialistische Avanti, man wisse noch nicht die richtige Form für die Kriegerklärung Italiens, weil man befürchtete, Österreich könnt auf die italienischen Ansprüche eingehen, wodurch der Grund zum Kriege wegfalle.

Am gleichen Tag erklärte der italienische Sozialistensprecher Turati u. a.:“wir sind überzeugt, daß nicht einmal die Neutralität in ihrem wahren Wesen von der Regierung gewahrt wurde“.

Am 24.Mai (Pfingstmontag) erfolgte die Kriegserklärung Italiens an Österreich. Damit war der König von Italien würdig geworden in die Reihen der serbischen Königsmörder, der russischen Ehrenwortsbrecher, der englischen Flaggenbetrüger und Völkerrechtsverbrecher, der französischen Volksbetrüger, aufgenommen zu werden.

Kaiser Franz Josef bezeichnete das Vorgehen des Königs von Italien in seinem Manifest an seine Völker vom 24.Mai, als einen Treubruch, dessen gleichen die „Geschichte nicht kennt. Nach einem Bündnis von mehr als dreißigjähriger Dauer, währenddessen es seinen territorialen Besitz mehren und sich zu ungeahnter Blüte entfalten konnte, verließ uns Italien in der Stunde der Gefahr und ging mit fliegenden Fahnen in das Lager der Feinde über“.

Besser als alles andere beleuchtet die Motive, warum die italienische Regierung den Krieg wollte, die Nachricht vom 16.Mai, welche die vossische Zeitung aus römischen Bankkreisen verlauten ließ: 70 Millionen seien für Kriegsdemonstrationen in ganz Italien aus Paris eingetroffen. D’Anunzio habe allein für sein Auftreten als Kriegshetzer eine halbe Million im Voraus erhalten, die zweite Hälfte erhalte er im Falle des Erfolges.

Man versteht, was der Reichskanzler Bethmann-Hollweg in seiner Rede am 28.Mai über Italien sagen wollte: „Es regierte die Straße, und die Straße war unter der wohlwollenden Duldung und Förderung der leitenden Staatsmänner des Kabinettes, bearbeitet vom Geld der Tripelentente und unter Führung gewissenloser Kriegshetzer, in einen Blutrausch versetzt, der dem König die Revolution androhte“.

Alle Schuld rächt sich auf Erden. Man möge sich die tiefe Wahrheit dieses alten Wortes besonders auch an Italien bewahrheiten!

 



Die Kriegserklärungen

 

Österreich-Ungarn an Serbien...................................................... 28. Juli 1914

Deutschland an Rußland............................................................... 02. August 1914

Deutschland an Frankreich........................................................... 03.August

Belgien an Deutschland................................................................ 04. August

England an Deutschland................................................................ 04. August

Österreich-Ungarn an Rußland..................................................... 06. August 1914

Montenegro an Österreich-Ungarn............................................... 07. August 1914

Serbien an Deutschland................................................................. 10. August 1914

Abbruch der diplomatischen Beziehung

zwischen Österreich und Frankreich............................................ 11. August 1914

Montenegro an Deutschland......................................................... 12. August 1914

England an Österreich-Ungarn..................................................... 13. August 1914

Ablauf des japanischen Ultimatums an Deutschland................... 23. August 1914

Österreich bricht die Beziehung mit Japan ab.............................. 25. August 1914

Österreich Ungarn an Belgien....................................................... 28. August 1914

Beginn der Kämpfe in Persien und Afghanistan gegen Rußland. 02. Oktober 1914

England fordert Portugal zur Kriegshilfe auf .............................. 18. Oktober 1914

Die Italiener besetzen Albanien.................................................... 21. Oktober 1914

Rußland greift die Türkei ohne Kriegserklärung an..................... 28. Oktober 1914

England an die Türkei................................................................... 05. November 1914

Frankreich an die Türkei............................................................... 06. November1914

Belgien an die Türkei ................................................................... 08. November 1914

Italien  an Österreich Ungarn........................................................ 24. Mai  1915

Italien an die Türkei...................................................................... 21. August 1915

 

Aus „Unser Gemeinde Ehren-Buch“

Generalvertrieb für das deutsche Reich

Gebrüder Wegman, Verlagsbuchhandlung, Würzburg